Heilziest - Stachys officinalis
Beschreibung
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Gattung: Zieste (Stachys)
Der Heilziest ist ein bis zu 80cm groß werdender, krautiger
Hemikryptophyt. Das bedeutet, dass seine Überdauerungsknospen in
Erdnähe sitzen und er somit mehrjährig ist und die
Fähigkeit zum Überwintern besitzt.
Am Grund des für Lamiaceaen typisch vierkantigen und aufrecht
wachsenden Stängels sitzen Rosetten aus lang gestielten,
herz-eiförmig-länglichen, regelmäßig
gekerbt-gesägten und leicht behaarten Blättern. Der
Stängel selbst ist lang gestielt, besitzt also nur ein bis drei
weit auseinander liegende Blattpaare.
Die kleinen roten, selten weißlichen, zygomorphen und zwittrigen
Röhrenblüten ohne innenliegendem Haarring weisen eine
Kronblattlänge von 15mm und eine Kelchlänge von 8mm auf. Sie
stehen zur Blütezeit, Juli bis Anfang September, in dicht
gedrängten ährenförmigen Scheinquirlen am Stängel
und werden von Hummeln, Faltern und Schwebfliegen angeflogen. Der Kelch
besteht aus fünf gleichmäßig dreieckigen und behaarten
Blättern. Auch, wenn Selbstbestäubung möglichst
verhindert wird, ist sie gegen Ende der Blütezeit möglich.
Die Klausenfrüchte werden über den Wind oder Tiere
verbreitet. |
Vorkommen
Heimisch in Europa, Westasien und Nordafrika. Standord: sonnige
Halbtrockenrasen, Säume, lichte Wälder. Der Ziest wurde
häufig als Zierpflanze angebaut und ist ein sehr hübsch
anzusehendes Wiesenkraut. |
Geschichte
Das alte Sprichwort der Spanier: "Seine Tugenden sind so zahlreich wie
die der Betonie" zeigt, dass diese Pflanze schon seit dem Mittelalter
eine beliebte Heilpflanze war.
Schon Antonius Musa, der Leibarzt von Kaiser Augustus beschrieb sie in
"De herba betonica" als Allheilpflanze mit der Kraft, nicht weniger als
47 Krankheiten heilen zu können. Damals wurde einem Patienten,
dessen Krankheit unbekannt war, zunächst Heilziest verabreicht.
Die Pflanze genoss bereits im ägyptischen, griechischen und
römischen Altertum hohes Ansehen.
Da man glaubte, sie habe die Kraft, böse Geister und Visionen zu
vertreiben, wurde sie in Kloster- und Kirchengärten angepflanzt.
Nach einem alten Schriftsteller namens Apelius sollte man den Heilziest
zur Abschirmung gegen dunkle Visionen und Alpträume anbauen, im
August mit Wurzel ernten, spalten, trocknen, pulverisieren und bei
Bedarf zu sich nehmen. In der heutigen Zeit findet das Rhizom jedoch
keine Verwendung mehr.
Es existieren diverse altertümliche und abergläubische
Vorstellungen zur Betonie. Eine sagt aus, dass selbst wilde Bestien
ihre Heilwirkung kennen und sich damit nach einem Kampf selber heilen.
Sogar Hirsche sollen nach einer Verwundung mit einem Jagtpfeil
Heilziest fressen, um sich zu kurieren. |
Drogen und Inhaltsstoffe
Die Droge ist das Kraut, Herba Betonicae bzw. Herba Betoniae. Eine
vollständige Untersuchung der chemischen Bestandteile liegt noch
nicht vor. Bekannt ist, dass die Pflanze Alkaloide wie Stachydrin und
Betonicin, Gerbstoffe (15%) und nicht spezifizierte Bitterstoffe
enthält.
Im Kraut befinden sich mehrere Phenylethylglykoside, darunter Acetosid,
zwei Epimere von Campneosid II, Forsythosid B, Leucosceptosid B und die
Betonyoside A-F. |
Eigenschaften und Wirkungen
Das Stachydrin wird für die blutdrucksenkende Wirkung
verantwortlich gemacht. Die Bitterstoffe wirken adstringierend und sind
vermutlich der Grund für die Wirkung gegen Durchfall,
Mikroorganismen, Entzündungen und der durch Anregung der
Magensaftproduktion verbesserten Verdauung. |
Verwendung
Der früher sehr geschätzte Ziest wird heute in der
Volksmedizin nur noch gelegentlich genutzt als Mittel gegen Asthma,
Durchfall und der Pflanzensaft zum Beschleunigen der Wundheilung bei
Schnittwunden. Neben der Verwendung als Allheilmittel seit der Antike
kennt die Volksmedizin noch die Verwendung als Gurgelmittel bei
Mundgeschwüren und Zahnfleischentzündungen.
Daher kommt vermutlich der Name "Zahn-" oder "Zehrkraut". Ein stark
dosiertes Dekokt könnte sogar wurmtreibende Eigenschaften
besitzen.
Mittlerweile wird es hauptsächlich gegen Kopf- und Nervenschmerzen
eingesetzt oder als Verdauungstonikum. Als Umschlag soll es auch gegen
Verstauchungen helfen.
Die Schulmedizin hat für die Pflanze keine Verwendung, was jedoch nicht bedeutet, dass sie keine Heilwirkung besitzt.
In der Homöopathie wird sie gegen innere Unruhe,
Erkältungskatarrhe, Oberbauchbeschwerden, Asthma und
Schwächezustände gegeben.
Der Heil-Ziest wirkt nach Hildegard von Bingen als Heilkraut gegen "schlechte Träume" und Monatsbeschwerden.
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Zubereitung
Das Kraut wird zur Blütezeit, von Juli bis August, gesammelt.
Zur Bereitung von einem Aufguss verwendet man ein bis zwei
Teelöffel des Krautes pro Tasse und lässt ihn 15 Minuten
ziehen. Pro Tag soll man davon ein bis zwei Tassen trinken.
Ein Dekokt wird mit zwei Teelöffeln Kraut und einer halben Tasse
Wasser hergestellt. Davon trinkt man täglich eine halbe Tasse.
Aufguss und Dekokt sind als Mund- und Rachenspülung geeignet.
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Kultivierung
Der Ziest lässt sich vermutlich leicht über Samen oder
Teilungen des Rhizoms vermehren. Die Mönche hatten zumindest keine
überlieferten Schwierigkeiten, die Pflanze im größeren
Umfang anzubauen. |
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